Betreuer kein Verteidiger; Bestellung eines Pflichtverteidigers auch im Strafbefehlsverfahren notwendig

Das OLG Dresden hat in seiner Entscheidung (2OLG 21 Ss 734/14) ausdrücklich klargestellt, das der gerichtlich bestellte Betreuer nicht auch die Funktion eines Verteidigers haben kann und insoweit für den Betreuten auch keine Erklärungen im Strafverfahren abgeben kann.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das Amtsgericht Marienberg hatte gegen eine unter Betreuung stehende Angeklagte einen Strafbefehl wegen Betruges erlassen – Sie soll einmalig, aber in der Absicht, nicht zu zahlen, Schuhe für ca 60 € in einem Versandhaus bestellt haben – ; die gerichtlich bestellte Betreuerin formulierte mit der Angeklagten einen Einspruch gegen den Strafbefehl, der sich auf die Höhe der Strafe beschränkte – so zumindest die Auslegung des Amtsgerichts . In der folgenden Hauptverhandlung lehnte das Gericht die Beiordnung eines Pflichtverteidigers mit der Begründung ab, die Verhandlung zur Tagessatzhöhe überfordere die Angeklagte nicht. Das Amtsgericht urteilte aufgrund der für wirksam erachteten Beschränkung des Einspruchs gegen den Strafbefehl.

Diese Entscheidung hat das OLG aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das Amtsgericht Marienberg zurückverwiesen. Die Bedeutung der Beschränkung des Einspruchs gegen den Strafbefehl konnte die Angeklagte ausweislich der vorliegenden Betreuungsgutachten nicht erfassen ; ihr hätte insoweit ein Pflichtverteidiger beigeordnet werden müssen, der ihre Rechte wahrt. Diese Aufgabe kommt nicht dem gerichtlich bestellten Betreuer zu. Dieser hat auch kein eigenes Recht auf prozessuale Rechte des Betreuten zu verzichten.

In der „zweiten Runde“ vor dem Amtsgericht wurde das Verfahren auf Kosten der Staatskasse dann eingestellt .

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