In seinem Urteil zum Aktenzeichen 105 C 1878/09 hat das Amtsgericht Dresden festgestellt, dass die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) für die Folgen des Sturzes einer 57-jährigen Frau in einer Straßenbahn in vollem Umfang einzustehen haben.
Die klagende Frau war Fahrgast in einer Straßenbahn der DVB. Sie stand mit dem Rücken zur Fahrtrichtung, hielt sich mit einer Hand fest und wollte sich gerade nach ihrer am Boden stehenden Tasche bücken. In diesem Moment musste die Fahrerin der Straßenbahn unmittelbar nach Verlassen eines Haltestellenbereichs und noch beim Beschleunigen wegen eines vor ihr haltenden PKW eine Vollbremsung einleiten. Dabei kam die Klägerin zu Fall und zog sich erhebliche Verletzungen zu.
Unklar blieb, ob die Fahrerin der Straßenbahn falsch reagiert und damit den Sturz verursacht hat. Darauf kam es jedoch nach Ansicht des Gerichts nicht an. Es hat im Gegenteil eine vollständige verschuldensunabhängige Haftung der DVB gesehen. Auch eine Mitschuld der Klägerin verneinte das Gericht. Insbesondere könne ihr nicht vorgeworfen werden, dass diese sich nicht ordnungsgemäß festgehalten, sich gerade gebückt oder mit dem Rücken zur Fahrtrichtung gestanden hätte. Im Einzelnen hatte das Gericht ein Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt, ob die Klägerin den Sturz hätte vermeiden können. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass durch die völlig unerwartete Vollbremsung Zugkräfte aufgetreten seien, die ein Festhalten unmöglich gemacht hätten. Auch wenn die Fahrerin der Straßenbahn also kein nachweisliches Verschulden an dem Unfall traf, sprach das Gericht dennoch eine volle Haftung der DVB für sämtliche der Klägerin durch den Sturz entstandenen Schäden aus.